Ich war letzte Woche in Belgrad, um die EuroPride zu unterstützen. Gerade wegen des drohenden Verbots war es für mich wichtig dorthin zu reisen und der LGBTIQ*-Communtiy den Rücken zu stärken.
Weil es die erste EuroPride auf dem Westbalkan ist, wollte die serbische Regierung sie in Belgrad haben und unterstützte die Bewerbung anfänglich ausdrücklich. In den vergangenen Wochen wurde dann aber gegen die queere Community und der EuroPride gehetzt und nach mehrmaligen Ankündigungen, dass die Demonstration abgesagt ist, diese schlussendlich dann auch tatsächlich verboten.
Diese Politik passt gut in die Strategie des derzeitigen Präsidenten Vučić. Zum einen suggeriert er, dass Serbien weiterhin an einem EU-Beitritt interessiert ist und damit eine stärkere Westbindung will. Zum anderen schlägt er deutlich nationale und ultraorthodoxe Töne an und begreift Russland als wichtigsten Partner. Auch die Volksrepublik China investiert in Serbien große Summen, was vom Präsidenten Vučić ebenfalls gewollt ist.

Die Strategie der Regierung war es wohl, die Menschenrechtskonferenz an den Tagen zuvor stattfinden zu lassen. Eine öffentliche Demonstration sollte auf Rücksicht von Rechtsextremen und der ultraorthodoxen Christen verhindert werden. Die Regierung hat aber die internationale Unterstützung der EuroPride unterschätzt. Deswegen war es auch so wichtig, dass so viele Abgeordnete aus dem Bundestag, dem Europaparlament aber auch aus regionalen Parlamenten mit vor Ort waren. Danke an dieser Stelle auch ausdrücklich an die Kolleg*innen, die vor Ort ebenfalls mitgewirkt haben!
Zur Farce wurde es, als die serbische Ministerpräsidentin Ana Brnabić uns am Tag der Demonstration in den Palace of Serbia eingeladen hatte und uns erklärte, dass die EuroPride nicht wegen Europa, der EU oder anderen westlichen Ländern hier stattfindet, sondern allein wegen Serbien und weil es die Regierung so möchte. Die Ministerpräsidentin ist übrigens offen lesbisch.
Sie ist allerdings weitestgehend machtlos und von Vučić politisch abhängig. Die Opposition betrachtet Brnabić eher als symbolische Vorzeige-Figur für den Westen, nach dem Motto: "Seht her, bei uns kann sogar eine queere Politikerin ein hohes Amt bekleiden."
Obwohl die EuroPride schon seit 3 Jahren geplant ist, fand am Samstag parallel ein Autorennen-Show und eine Militärparade statt. An den Tagen zuvor wurden mehrmals Kampfjets über die Hauptstadt gejagt. Alles deutliche Zeichen wie Willkommen internationale Besucher:innen waren.

Die Demonstration durfte schlussendlich trotzdem stattfinden. Die Route wurde deutlich verkürzt und führte eigentlich nur durch einen Park, sodass die öffentliche Wahrnehmung natürlich stark begrenzt war. Die Demonstration wurde durch ein massives Polizeiaufgebot begleitet. Bei der Demonstration an sich kam es nur zu kleinen Zwischenfällen ohne Verletzte (Eierwurf, Durchbruch von radikalen Christ:innen), dennoch war auf der Demonstration eine sehr bedrückende Stimmung, die so gar nicht der Pride entspricht.
Leider wurden aber mehrere queere Personen auf dem Nachhauseweg von Rechtsextremen überfallen und verletzt. Belgrad war am Abend der Demonstration für queere Menschen keineswegs sicher! Um mit etwas Positivem abzuschließen: Ich war besonders glücklich ein Teil der Delegation der PES, also der "Party of European Socialists", unserer europäischen sozialdemokratischen Parteienfamilie, zu sein. Ich durfte in den drei Tagen wahnsinnig tolle Menschen aus vielen europäischen Ländern kennenlernen. Gerade das hat mir nochmal gezeigt, wie wichtig es ist, die queere Community auch außerhalb Deutschlands zu unterstützen!Hoch die internationale Solidarität! Queer rights are human rights!
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